04.10.2022

«Am besten einer wie Roli»

Zugänglich, nicht unnahbar: So wünschen sich viele Diepoldsauerinnen und Diepoldsauer ihren neuen Gemeindepräsidenten – oder die Präsidentin.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 02.11.2022
Vor der Migros sitzen am späteren Montag Nachmittag ein paar Männer. «Wia dä alt», so wünscht sich Erich Benz den Nachfolger oder die Nachfolgerin von Roland Wälter. Klaus Lorsche pflichtet bei: Der Roli habe es gut gemacht. «Nicht für alle», wirft Erich Benz zwar ein, aber er meint es ganz allgemein: Niemand mache es allen recht. «Von mir bekommt der Roli zehn von zehn Punkten», urteilt Lorsche über den Chef der Gemeinde. Bis Ende 2023 ist er im Amt, die Ersatzwahl findet am 12. März statt, ein allfälliger zweiter Wahlgang am 18. Juni.Das Rheintal ist nun mal «öppis Oagas»Eine der wiederkehrenden Aussagen bringt Daniela Bösch so auf den Punkt: «Ich wünsche mir jemanden, dem oder der das Interesse am Dorf wichtiger ist als das Interesse am Amt.» Am liebsten wäre ihr «jemand von hier, der sich auch persönlich fürs Dorf interessiert und sich entsprechend einsetzt». Dominik Lüchinger, der als 33-Jähriger der jüngeren Wählerschaft angehört, fände es ebenfalls gut, wenn wieder jemand aus dem Rheintal dem Dorf vorstünde. Die Verwurzelung sei eben schon mit gewissen Vorzügen verbunden, und das Rheintal sei nun mal «öppis Oagas». Rosmarie Levi begrüsst mit Blick auf die Bevölkerungsstruktur die heute «gute Durchmischung». Diepoldsau sei zum Glück kein Dorf mehr mit lauter Alteingesessenen.«Mittelfristig Lösung fürs Verkehrsproblem nötig»Rita Gasser nennt spontan die Kompetenz, die nötig sei, sie wünscht sich aber eine Chefin oder einen Chef für Diepoldsau, die oder der auch menschlich sei, auf die Bevölkerung höre und einfühlsam wirke. Die bisherige Gemeindeführung habe es sehr gut gemacht, fügt sie hinzu. Ob sie sich auch «wieder einen wie den Roli» wünsche? Rita Gasser lacht und meint: «Dem schliesse ich mich an», das könne sie uneingeschränkt unterschreiben. Immer wieder wird zwar der Verkehr erwähnt, aber vorwurfsvoll äussert sich niemand, eher so: Man stellt ernsthaftes Bemühen um eine Problemlösung fest, aber eben, Hindernisse gibt es viele. Wer auch immer ab 2024 das Präsidium innehaben wird – dass Diepoldsau «weiter vorwärtsgebracht werden muss», gerade auch im Hinblick auf eine Linderung des Verkehrsproblems, sagen fast alle. «Mittelfristig braucht es sicher eine Lösung», meint Dominik Lüchinger.Mehr Bäume als Beton auf der WunschlisteMaggi Frei wünscht sich die Gemeindeführung tolerant und hält es nicht für nötig, dass eine einheimische Persönlichkeit das höchste Amt bekleidet. Wichtig wäre ihr hingegen ein grüneres Dorf. Ginge es nach ihr, dürfte Diepoldsau mehr Bäume haben als Beton. Paul Lüchinger, ehemaliger Feuerwehrkommandant (1984 bis 1996) und heute Vizepräsident der Naturschutzgruppe Alta Rhy, hat die Erfahrung gemacht, dass Wünsche und Anliegen in Diepoldsau immer wohlwollend aufgenommen und oft erfüllt werden. Dem amtierenden Präsidenten macht er ein Kompliment, indem er sagt: «Der Chef hat es besser gemacht, als ich gedacht hätte.» Lüchinger, der sich jemand Parteilosen an der Spitze wünscht, bescheinigt Diepoldsau eine hohe Lebensqualität.Zur Entwicklung in den letzten Jahren wird immer wieder die Ansicht geäussert, die Infrastruktur sei vorbildlich, «dä Roli hät Gas geh». Mehrfach wird erwähnt, im Ort habe Nachholbedarf bestanden, und Roland Wälter habe da gute Arbeit geleistet. Im schlechtesten Fall tönt es so: «Dä Roli hät’s nöd schlecht gmacht.» Was jedoch von einigen bedauert wird: Sein Rücktritt mitten in der Amtszeit.Auch als Spitzenkraft die kleinen Gesten pflegenJennifer Schulz Hutter fände es schade, wäre Wälters Nachfolgerin oder Nachfolger nicht auch eine Persönlichkeit, die oder der es versteht, auf die Menschen einzugehen. Primarlehrer Engelbert Hutter hat in Diepoldsau schon mehrere Gemeindepräsidenten erlebt und an ihnen geschätzt, dass sie ungezwungen waren, dem Zwischenmenschlichen Sorge trugen und die kleinen Gesten pflegten, die eine besondere Qualität darstellten. Sowohl Roland Wälter als auch sein Vorgänger Rolf Eyer seien zum Beispiel wiederholt im Skilager aufgetaucht, und im Dorf seien beide präsent gewesen. Keine abgehobenen Figuren, sondern zugängliche Persönlichkeiten.Domenico und Domenica Silipo dürfen als italienische Staatsbürger nicht wählen. Eine Meinung zur Gemeindeführung haben allerdings auch sie. Seit 1976 leben sie in Diepoldsau und haben «Freude an dem Dorf». Sie seien sehr zufrieden, wie das Dorf sich in der letzten Zeit entwickelt habe. Ebenfalls ein Kompliment macht Daniela Bösch, indem sie meint: «Ich bin seit über drei Jahrzehnten hier, was ich bestimmt nicht wäre, würde Diepoldsau mir nicht so gut gefallen.»

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