16.09.2020

Altstätten kommt nicht auf die Spitalliste

Die Kantonsräte, die sich für den Erhalt des Spitals einsetzen, bekamen gestern viel Redezeit. Am Ende unterlagen sie dennoch.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Für alle, die hoffen, dass es in Altstätten weiterhin ein Spital gibt, ist das Ergebnis ernüchternd: Mit 84 zu 29 Stimmen (bei drei Enthaltungen) sprach sich der Kantonsrat am Mittwoch gegen die Aufnahme Alt­stättens in die künftige Liste der St. Galler Spitalstandorte aus. Mit 72 zu 39 Stimmen sprach sich der Rat auch gegen eine vertiefte Prüfung eines Zentrums für Altersmedizin am Standort Altstätten aus. Die Mehrheit des Rates ist der Ansicht, dass der Strukturwandel – sprich die Leistungskonzentration auf weniger Standorte – nötig ist, um das Gesundheitswesen finanzierbar zu halten.Bevor die Kantonsräte über die Zukunft der Spitäler diskutieren konnten, mussten sie erst durch ein Spalier aus Demonstranten schreiten. Es waren zum grossen Teil Toggenburger, die ein Zeichen für den Erhalt ihres Spitals in Wattwil setzen wollten. Plakate für den Erhalt des Spitals Altstätten hingegen waren keine zu sehen. Womöglich denken auch bereits viele Rheintaler, ihr Spital in Altstätten sei auf Dauer nicht finanzierbar.«Für eine Mehrheit der Rheintaler»Ein Teil der Rheintaler Kantonsräte sieht es allerdings nach wie vor anders. Ihr Wortführer war gestern der Altstätter CVP-Kantonsrat Michael Schöbi. Er nahm sich heraus, «für eine Mehrheit der Rheintalerinnen und Rheintaler und für den grössten Teil der Landbevölkerung» zu sprechen und hatte zusammen mit seinem Parteikollegen Mathias Müller aus Lichtensteig beantragt, Altstätten entgegen dem Entwurf der Regierung und der Empfehlung der vorberatenden Kommission auf die Spitalliste zu nehmen. Einen gleichlautenden Antrag stellte die SP.Schöbi wies darauf hin, dass das Spital Altstätten zuletzt schwarze Zahlen schrieb und ist der Meinung, dass es sich bei einer Spezialisierung – namentlich auf die Altersmedizin – auch künftig rentabel betreiben liesse. Zu einer guten Auslastung würden auch die vielen Heime in Altstätten sowie das Regionalgefängnis und das Bundesasylzentrum beitragen.Regierungsrat Bruno Damann, seit Juni für das Gesundheitsdepartement zuständig, hielt dem entgegen, dass das Spital sich kaum in den schwarzen Zahlen würde halten können: «Es muss gebaut werden, und danach wird man über Jahre viel abzuschreiben haben.»Schöbi hingegen fragt sich, ob sich das Spital nicht mit weniger Aufwand erneuern liesse und «ob wirklich alles beim Patienten ankommt, was in die Spitäler investiert wird».Dem Argument, Altstätten käme nicht auf die nötigen Fallzahlen, um eine zeitgemässe Qualität bieten zu können, hielt er entgegen, dass die medizinische Qualität letztlich von den Menschen hinter dem Spital abhänge, «von den Leuten, die die Diagnose stellen, von den Leuten, die operieren und von den Leuten, die pflegen». Landspitäler müssten für ihn auch nicht zwingend Gewinn abwerfen: Die Gesundheitsversorgung sei ein Service public und dürfe auch etwas kosten.Der Altstätter SP-Kantonsrat Remo Maurer argumentierte ebenfalls volkswirtschaftlich. Er wies auf die Ausbildungsplätze hin, die verloren zu gehen drohen, «im Spital, aber auch bei Zulieferern».Ruedi Mattle, Stadtpräsident von Altstätten und im Kantonsrat als Parteiloser bei den Grünliberalen politisierend, argumentierte mit Deutschland: Der Städte- und Gemeindebund wehre sich gegen weitere Spitalschliessungen. «Müssen wir die Fehler anderer auch machen?», fragte er, «wär’s nicht besser, aus den Fehlern anderer zu lernen?»Die meisten Befürworter sprachen allerdings für eine Minderheit in ihren Parteien. Einzig in der SP stimmte niemand gegen die Aufnahme Alt­stättens auf die Spitalliste (es gab aber Enthaltungen). Demgegenüber folgten die Grünen unter ihrem Altstätter Fraktionspräsidenten Meinrad Gschwend geschlossen der Regierung und der vorberatenden Kommission. Ein Mehrspartenspital liege in Altstätten nicht mehr drin – «leider», meinte Gschwend. Er sprach sich aber für die Prüfung eines Zentrums für Altersmedizin aus. «Eigentlich hätte ich erwartet, dass man dies schon früher getan hätte», meinte er.Für Regierungsrat Damann ist der Vorschlag hingegen eine «Mogelpackung». Man wolle einfach nicht zur Einsicht kommen, dass es für Altstätten keine Alternativen gibt. Nun gelte es, endlich Klarheit für Bevölkerung und Personal zu schaffen.Über das (eingangs vorweggenommene) Ergebnis der beiden Abstimmungen zeigte sich der Stadtpräsident der Standortgemeinde schwer enttäuscht. «Das Alterszentrum hätte Schule machen können für andere Standorte», ist Ruedi Mattle überzeugt. Bleibt es bei den Entscheiden des Kantonsrates, werde der Stadtrat sich überlegen müssen, wie es auf dem Spitalareal weitergehen könnte. Über den Standortentscheid des Kantonsrates wird das Volk zwar nicht abstimmen können. Es wird aber zu Abstimmungen über einzelne weitere, mit der Spitalstrategie zusammenhängende Beschlüsse des Kantonsrates kommen. Wird eine der Vorlagen abgelehnt, müssten Regierung und Kantonsrat die Spitalstrategie neu beurteilen, heisst es auf der Website des Kantons zur Weiterentwicklung der Spitalstrategie.

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