24.11.2018

Altersheime als Renditeobjekte

Walzenhausen, Lutzenberg und Stein wollen private Alters- und Pflegeheime realisieren. Die Zusammenarbeit mit gewinnorientierten Firmen weckt Befürchtungen – auch beim Kanton.

Von Jesko Calderara
aktualisiert am 03.11.2022
In Appenzell Ausserrhoden gibt es einen neuen Trend: Gemeinden setzen für den Bau und Betrieb von Pflegeheimen vermehrt auf private Investoren. So übernimmt die Casa Solaris AG aus Wil das Altersheim Büel in Stein. Zugleich will sie den Neubau im Gebiet Paradiesli realisieren. Walzenhausen und Lutzenberg wiederum planen zusammen mit dem Immobilienunternehmen Fortimo Group AG ein Projekt. Den umgekehrten Weg möchte Reute gehen (siehe Ausgabe vom Donnerstag). Die Gemeinde prüft zurzeit, dass private Pflegeheim Sonnenschein der Tertianum-Gruppe zu übernehmen.Träger muss nicht zwingend die Gemeinde selbst seinIn Lutzenberg wurden jahrelang verschiedene Optionen diskutiert, beispielsweise eine Kooperation mit Thal. Der Gemeinderat Lutzenberg kam letztlich zum Schluss, dass der Betrieb eines Pflegeheims nicht mehr zwingend eine Aufgabe der Gemeinde ist. «Die Zusammenarbeit mit einem privaten Investor hat verschiedene Vorteile», sagt Gemeinderätin Maria Heine Zellweger. Unter anderem erwähnt sie die einfacheren Prozesse sowie die Erfahrung des Betreibers bei der Planung und Umsetzung eines Neubaus.Eines ist für Heine Zellweger aber unabhängig von der Trägerschaft klar: «Für einen wirtschaftlichen Betrieb braucht es eine gewisse Grösse, und es ist von Vorteil, wenn Synergien genutzt werden können.»Sollte die Fortimo Group AG dereinst für Lutzenberg und Walzenhausen ein neues Heim bauen, dürften die Tarife steigen. Das Seniorenwohnheim Brenden verfüge über eine veraltete Infrastruktur, gibt Heine Zellweger zu bedenken. «Daher sind auch die Hotelleriekosten tief.» Sie rechnet aber trotzdem damit, dass die Preise künftig nicht höher sein werden als jene der umliegenden Institutionen. Denn auch die Gemeinden sind immer weniger bereit, die Defizite ihrer Heime zu tragen. So budgetiert etwa das Betreuungszentrum Heiden für 2019 einen Gewinn von 600000 Franken.Beim Kanton beobachtet man mit Besorgnis eine Tendenz, dass gewinnorientierte Investoren zunehmen. «Gemeinden können so finanzielle Risiken umgehen», sagt Yvonne Blättler-Göldi, Leiterin Abteilung Pflegeheime und Spitex des Departements Gesundheit und Soziales. Allerdings werde es für die öffentliche Hand schwieriger, ihre Verantwortung in diesem Bereich wahrzunehmen. Die kantonale Stelle, die für die Bewilligung und Aufsicht zuständig ist, beurteilt laut Blättler-Göldi letztlich, ob eine Trägerschaft einem Alters- und Pflegeheim Rahmenbedingungen bie­- tet, welche den zweckbestimmten Betrieb sicherstellt.Jesko Calderara

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