11.11.2020

Allein wohnt es sich bequem

Immer mehr Rheintalerinnen und Rheintaler leben lieber in einem Einpersonenhaushalt. Besonders deutlich wird das in Rheineck.

Von Seraina Hess
aktualisiert am 03.11.2022
Unabhängig und ungebunden: Allein zu wohnen, liegt im Trend. Im vergangenen Jahr waren es in der Schweiz 36 von 100 Haushalten, die von Einzelpersonen bewohnt wurden – insgesamt rund 31 000 Haushalte mehr als noch 2018. Allein im Kanton St. Gallen gab es 2019 1848 Single-Wohnungen mehr als noch im Vorjahr.Ein ähnliches Bild zeigt sich im Rheintal. Seit Beginn der Erhebung 2012 ist die Anzahl Einpersonenhaushalte kontinuierlich gestiegen. Waren es vor acht Jahren noch 8308, so wurde die Zahl 2019 erstmals fünfstellig: Insgesamt wohnten im letzten Jahr 10 169 Rheintalerinnen und Rheintaler allein.Ein Überangebot an Kleinwohnungen Doch während sowohl schweizweit als auch kantonal über ein  Drittel der Wohnungen der Kategorie Einpersonenhaushalt zugeteilt werden kann, liegt das Rheintal mit 32,45 Prozent nach wie vor darunter. Noch weniger Einpersonenhaushalte gibt es im Kanton einzig in den Wahlkreisen Wil (32,27 Prozent) und Toggenburg (32,37). Einen deutlich höheren Prozentsatz an Single-Wohnungen hingegen weist der Wahlkreis St. Gallen (40,64) auf, gefolgt von Rorschach (35,52), Sargans (34,14), Werdenberg (33,28) und schliesslich See-Gaster (32,68).Den Grund für den höheren Anteil an Single-Haushalten in urbaneren Gegenden verortet Matthias Hutter, Geschäftsführer der Diepoldsauer Sonnenbau Gruppe und Immobilienmarkt-Kenner, im Sozialverhalten der Menschen. «Personen, die alleine leben, zieht es seit jeher dorthin, wo es viele Einkaufsmöglichkeiten gibt, wo das kulturelle Leben stattfindet, wo die öV-Anbindungen ideal sind und wo ein breites Angebot an Kleinwohnungen besteht.» Doch das Rheintal hole diesbezüglich auf – zumindest zeige sich das anhand des Immobilienmarktes, der in den letzten Jahren auf die steigende Nachfrage nach Kleinwohnungen reagiert habe. Derzeit sei im Rheintal sogar ein leichtes  Überangebot vorhanden.Prozentanteil der Haushalte im Rheintal, in denen nur eine Person lebtQuelle: Fachstelle für Statistik Kanton St.Gallen / Grafik: eb Singles in Rheineck, Grossfamilien in Oberriet Dank der detaillierten Erhebung durch den Kanton ist es möglich, auch die einzelnen Gemeinden unter die Lupe zu nehmen. Als Hochburg der Einzelhaushalte offenbart sich im Unterrheintal Rheineck mit 615 Single-Haushalten. 39,2 Prozent der Rhein-ecker Haushalte sind somit von einer einzelnen Person bewohnt, was gemessen an der Einwohnerzahl bedeutet, dass beinahe jeder fünfte Rheinecker einen Haushalt für sich allein führt. Damit belegt das Städtli übrigens auch im Kanton einen Spitzenplatz: Prozentual mehr Einpersonenwohnungen gibt es nur in Bad Ragaz (39,9), Lichtensteig (43,8), St. Gallen (45,5) und Rorschach (47,7). Dicht auf den Fersen in Sachen Single-Hauhalt sind der Stadt Rheineck im Rheintal Altstätten (36,36) und Au (36,3). Am wenigsten Einzelhaushalte gibt es derweil in Diepoldsau (27,03) Marbach (27,6) und Oberriet (27,95). Entsprechend sind es auch diese drei Rheintaler Gemeinden, die im Vergleich zu den anderen viele grosse Haushalte aufweisen. In der Wohnkategorie mit sechs und mehr Personen hat Oberriet mit 103 Haushalten deutlich die Nase vorn (2,88 Prozent). Was die geringfügig kleineren Haushalte mit fünf Personen angeht, so weisen Marbach, Diepoldsau und Oberriet mit 5,6 Prozent den gleichen Wert auf: Jeder 18. Haushalt wird in diesen Gemeinden von fünf Personen bewohnt.Dass Rheineck, Au und Altstätten besonders viele Einpersonenhaushalte beheimaten, hat gemäss Matthias Hutter einerseits mit der guten öV-Anbindung zu tun, andererseits mit den Mietpreisen. Denn grundsätzlich sei festzustellen, dass gerade im mittleren Rheintal der Mietzins wegen der gestiegenen Bodenpreise höher ausfalle als in peripheren Lagen.Im Schnitt 2,35 Personen pro Haushalt Die durchschnittlich grössten Haushalte im Rheintal gibt es übrigens in Oberriet und in Diepoldsau: Hier leben im Schnitt 2,5 Personen in einer Wohnung oder einem Haus. Einen hohen Mittelwert weisen auch Eichberg mit 2,44, Marbach mit 2,42 und Rüthi mit 2,41 Personen pro Haushalt auf. Am anderen Ende der Skala befindet sich erwartungsgemäss der Single-Hotspot Rheineck mit gerade einmal 2,17 Personen pro Wohnung. Zum Vergleich: Im schweizweiten Durchschnitt sind es rund 2,2 Personen pro Haushalt, im Kanton St. Gallen mit 2,3 Personen leicht mehr. Das Rheintal liegt mit einem Mittel von 2,35 nur minim über dem kantonalen Schnitt. Zwar wird knapp ein Drittel aller Rheintaler Haushalte von nur einer Person bewohnt; doch  das heisst nicht, dass auch ein Drittel der Bevölkerung alleine lebt. Es sind deutlich weniger, weil in den anderen beiden Dritteln der Haushalte jeweils mehrere Personen wohnen. Gerade einmal 14 von 100 Rheintalerinnen und Rheintalern haben sich also für eine Wohnung entschieden, die sie mit niemandem teilen. Im ersten Messjahr 2012 waren es erst 12 von 100. Am beliebtesten bleibt im Rheintal aber nach wie vor der Zweipersonenhaushalt: Für diese Wohnform haben sich 24,6 Prozent der Bevölkerung entschieden. Und selbst der Drei- und der Vierpersonenhaushalt sind mit 15,7 und 22,5 Prozent beliebter als die Single-Wohnung.Rasch ausziehen und spät eine Familie gründen Der Trend zum Einpersonenhaushalt dürfte sich dennoch fortsetzen. Dies lasse sich an verschiedenen gesellschaftlichen Phänomenen ablesen, sagt Matthias Hutter: «Junge Erwachsene ziehen heute schneller in die erste eigene Wohnung – und junge Paare wiederum lassen sich mehr Zeit mit der Familienplanung.» Hinzu kommt nicht zuletzt die leicht steigende Scheidungsrate, was auch in späteren Lebensphasen neue Singles hervorbringt, die den Einpersonenhaushalt einer Wohngemeinschaft vorziehen. 

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