29.06.2022

Alkoholisiert einer Frau den Hals aufgeschlitzt

Ein junger Mann wollte am Kantonsgericht eine mildere Strafe erwirken. Er hatte einer Frau in den Hals gestochen. Das Kreis­gericht Rheintal hatte ihn Dezember 2021 wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes verurteilt.

Von Claudia Schmid
aktualisiert am 02.11.2022
Der 20-jährige Schweizer hatte im Juni 2020 eine Kollegin von hinten umarmt und ihr mit einem Messer am Hals Schnittwunden zugefügt. An der Berufungsverhandlung am Kantonsgericht St. Gallen erzählte der Beschuldigte, wie er bereits am frühen Nachmittag Alkohol konsumierte und zunächst bei sich zu Hause, später zusammen mit anderen in der Wohnung einer Freundin weitertrank. Neben dem Alkohol habe er auch zwei oder drei Züge eines Joints geraucht.Als wäre er an einem anderen OrtIn den frühen Morgenstunden war der Beschuldigte laut seiner Ausführungen mit dem Opfer alleine im Wohnzimmer. Als er sie umarmte und ihr in den Hals gestochen habe, sei er in diesem Moment wie an einem anderen Ort oder Delirium gewesen.Nachdem er wieder zu sich gefunden habe, sei er heftig da­rüber erschrocken, was gerade passiert sei. Er habe in Panik fluchtartig die Wohnung verlassen und sich später der Polizei gestellt. Er habe damals Unmengen Alkohol getrunken, um sich nicht selbst spüren zu müssen, erzählte der junge Mann weiter. Die Tat habe sicher mit dem übermässigen Alkoholkonsum zu tun.Er wisse aber noch heute nicht wirklich, warum er zugestochen habe. Zusammen mit seinem Psychiater spreche er oft über diese Frage, jedoch, ohne den wahren Grund herausgefunden zu haben. Das Kreis­gericht Rheintal verurteilte den jungen Mann im Dezember 2021 wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes. Es sanktionierte ihn mit einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren, die aber zu Gunsten einer stationären Massnahme aufgeschoben wurde.Schuld war an Berufung nicht bestrittenIn der Berufung waren die Schuldsprüche nicht bestritten. Der Beschuldigte wandte sich lediglich gegen die Höhe der Strafe und beantragte statt sechs höchstens viereinhalb Jahre Haft. Sein Verteidiger erklärte, die Vorinstanz habe eine zu strenge Strafe ausgefällt. Sie habe strafmildernde Umstände nicht berücksichtigt. Sein Mandant habe sein Fehlverhalten sofort gestoppt, als das Opfer begonnen habe, sich zu wehren. Ausserdem müsse man die hohe Blutalkoholkonzentration als verminderte Schuldfähigkeit werten. Und schliesslich sei das junge und noch unreife Alter einzubeziehen. Der Beschuldigte habe wegen der familiären Verhältnisse eine schwierige Jugend durchlebt.Die Staatsanwältin plädierte für die Abweisung der Berufung. Nur mit viel Glück sei nichts Schlimmeres passiert. Das Opfer sei völlig überraschend mit der Messerattacke konfrontiert gewesen. Nur weil die junge Frau in der Lage gewesen sei, sich heftig zu wehren, sei sie dem Tode entronnen. Der Beschuldigte aber habe sich nicht um die blutende Verletzte gekümmert, sondern sei weggelaufen. Die Staatsanwältin attestierte ihm, dass er ehrliche Reue zeigt und in der stationären Massnahme Fortschritte erzielt. Um die Persönlichkeit zu festigen, brauche es aber Zeit. Eine frühzeitige Entlassung könne kontraproduktiv sein.Kantonsgericht weist Berufung abDas Kantonsgericht erachtete das Urteil der Vorinstanz ebenfalls als richtig und angemessen. Es wies die Berufung ab und schützte damit den Entscheid des Kreisgerichts Rheintal. Die Kosten des Berufungsverfahrens von rund 9400 Franken muss der Beschuldigte bezahlen.

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