Rudolf HirtlDie einen denken an einen kühlenden Gletschersee in den Alpen, andere wähnen sich beim Blick auf den smaragdgrünen Bodensee an einem Strand in der Karibik. Grund dafür, dass der Bodensee seit einigen Tagen ungewohnt grün ist, sind Algen.Algenblüten, die den See verfärben, gibt es regelmässig. Doch in einigen Jahren fallen sie besonders intensiv aus. Die Algen sind aber grundverschieden. 2014 waren es Blaualgen, die toxisch sein können. Sie sammeln sich an der Oberfläche und fielen daher auf, weil sie Schlieren in den See zeichneten. «Aktuell sieht man eine Kieselalgen-Blüte, die keinerlei Schaden anrichten kann», sagt Harald Hetzenauer, Leiter am Institut für Seenforschung in Langenargen.Kalkkristalle lassen die Farbe Türkis entstehenAussergewöhnlich sei eine Kieselalgen-Blüte zu dieser Jahreszeit nicht. Diese Algen blühen normalerweise im Zeitraum Juni bis Juli. Nicht aber, wenn das Wetter schlecht ist. Kieselalgen brauchen hohe Temperaturen und viel Sonne, um sich zu vermehren. Wegen vieler Hitzetage war die Blüte 2015 besonders ausgeprägt. Die Sichttiefe im See sinkt in solchen Fällen unter einen Meter. Die sichtbare Folge der Kieselalgen-Blüte ist derzeit auch, dass der See türkisfarben erscheint. Kieselalgen enthalten sehr viel Chlorophyll, das für die grüne Farbe verantwortlich ist. Der milchige Eindruck entsteht, weil diese Algen Photosynthese betreiben. Dazu brauchen sie Kohlenstoffdioxid, das sie dem Wasser entziehen. Als Folge davon verändert sich das Gleichgewicht zwischen Kalk und Kohlensäure im See.Die kleinen Kalkkristalle, die dann ausgefällt werden, sind weiss. Weiss und Grün lassen die Farbe Türkis entstehen. Reflektiert sich auf das durch die Aufnahme der Kieselalge von CO2 aus dem Wasser anfallende Calciumcarbonat Streulicht, so ist das strahlende Türkisblau besonders intensiv.Der Kieselalge gehen die Nährstoffe ausDie Algenblüte lässt sich auf die starke Sonneneinstrahlung und die hohen Wassertemperaturen zurückführen. Aktuell ist der See in der Region Rorschach 24 Grad warm, mit steigender Tendenz. Der Rekordwert von 30 Grad stammt aus dem Hitzesommer 2003, als der See an über 50 Tagen wärmer als 25 Grad war. Zuletzt erreichten die Temperaturen 2012 und 2005 mehr als 27 Grad. 25 Grad sind, anders als noch in den 1970er-Jahren, keine Seltenheit mehr. Wohl ein Zeichen dafür, dass der Klimawandel am Bodensee angekommen ist.Vor fünf Tagen war das Türkis noch intensiver als etwa gestern. «Der Kieselalge, die neben Licht auch ruhiges Wasser braucht, gehen die Nährstoffe aus. Daher ist die Entwicklung bereits wieder rückläufig und das Wasser des Sees wird klarer. Auch das ist ein normaler Vorgang», erklärt Harald Hetzenauer.