27.03.2020

Abschlüsse werden vergeben – aber wie?

Über 5000 Berufsschüler im Kanton schliessen 2020 trotz Coronakrise ihre Ausbildung ab. Schulen und Lehrfirmen suchen nach Lösungen.

Von Yves Solenthaler
aktualisiert am 03.11.2022
Yves SolenthalerDie Entscheidung, auf die alle warten, fällt wohl noch vor den Frühlingsferien, also nächste Woche: Wann und in welcher Form finden die gewerblichen Lehrabschlussprüfungen (LAP) statt? Zwischen 5000 und 6000 Berufsschüler im Kanton St. Gallen sind von diesem Entscheid betroffen sowie die Gewerbeschulen und Lehrbetriebe.Es gibt einen Entscheid für die ganze SchweizDen Entscheid fällt eine Arbeitsgruppe, die aus dem Schweizer Gewerbeverband, dem Bundesamt für Forschung und Bildung und Vertretern der Kantone besteht. Dabei ist absehbar, dass die LAP stattfinden. Eine Verschiebung um ein Jahr (oder auch nur ein Semester) würde zu viele Probleme schaffen, um ein gangbarer Weg zu sein: Dauer der Ausbildungsverträge, bereits abgeschlossene Anschlussverträge – und die Tatsache, dass junge Berufsleute dieses Jahr dem regulären Arbeitsmarkt fernblieben, ihn nächstes Jahr aber in doppelter Anzahl überschwemmen würden.Organisiert werden die LAP im Kanton St. Gallen vom St. Galler Gewerbeverband. Die Fäden laufen aber beim kantonalen Amt für Berufsbildung zusammen. Der Kanton St. Gallen ist mit LAP-Prüfungsexperte Markus Sieger in der Arbeitsgruppe vertreten, Amtsleiter Bruno Müller kann aber noch keine konkreten Aussagen machen, weil ihm die nötigen Informationen noch nicht vorliegen. «Die schon laufenden individuellen Facharbeiten stoppen wir nicht – sofern die Massnahmen zum Schutz der Lernenden (BAG-Vorschriften) eingehalten werden können», sagt Müller. Dabei geht’s um Modelle in handwerklichen Berufsrichtungen, etwa von Zimmerleuten. Die Arbeiten jetzt zu stoppen, könnte zu Zeitnot führen, wenn sie dann doch eingereicht werden müssten.Müller spricht bei der Lehre von einem Qualifizierungsverfahren. In zwei bis vier Jahren eignen sich die Auszubildenden Fähigkeiten an – und sie werden mit Zwischenprüfungen und Vornoten vorqualifiziert. «Es geht um die Berufseignung: Wichtig ist, dass der Elektroinstallateur selbstständig in der Wohnung von Frau Kuster arbeiten kann.» Die LAP sind auf diesem Weg der Finish – allerdings ist dieser wie im Sport meist der entscheidende Teil. Auch für die Schüler selbst. Deshalb steht Müller einem erleichterten oder geschenkten Abschluss skeptisch gegenüber: «Dann wären 2020er-Lehrabgänger mit einem Makel behaftet.»Mögliche Probleme bei geschlossenen Betrieben Das Berufs- und Weiterbildungszentrums Rorschach- Rheintal (BZR) muss trotz Schulschliessung den Ausbildungsauftrag für alle Berufsschüler weiterführen. Rektor Rolf Grunauer sagt: «Wir sind technisch gut aufgestellt, weil wir schon seit vier Jahren intensiv mit digitalen Unterrichtsformen arbeiten – allerdings hatten wir nie die Idee, alles auf Fernunterricht umzustellen.»Dies innert wenigen Tagen zu machen, war ein grosser Aufwand. Auch dank drei pädagogischen IT-Supportern und der Zusammenarbeit der Lehrer sei der Fernunterricht inzwischen aber gut angelaufen.Grunauer registriert Unterschiede in den Branchen: «Ein angehender Kaufmann ist den Umgang mit digitalen Medien eher gewohnt als etwa ein Gärtner.» Die grösseren Herausforderungen sieht er aber in der praktischen Ausbildung; in Berufen, die faktisch einem Arbeitsverbot obliegen, und bei weiteren Lernenden, deren Betriebe nicht ausgelastet oder gar geschlossen sind.Hier, das betonen alle Gesprächspartner, gehe es um individuelle Lösungen. Der Lehrabschluss ist für viele junge Menschen der Eintritt ins Erwachsenenleben – er darf nicht vermurkst werden.

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