20.10.2021

Abschied nehmen von Rellüm

Der Künstler Paul Müller starb im letzten Jahr 84-jährig. Sein Lebenswerk wird in der Galerie art d’Oséra gezeigt.

Von Cécile Alge
aktualisiert am 03.11.2022
Im Mai letzten Jahres starb der Balgacher Künstler Paul Müller – besser bekannt als Rellüm – nach langer Krankheit und im Alter von 84 Jahren. Sein Begräbnis hatte er bereits im Vorfeld selbst geplant, und es verlief dann auch nach seinen Wünschen. Rellüm fand seine letzte Ruhestätte im Garten unter seiner geliebten Linde. Freunde und Bekannte konnten sich dort nicht von ihm verabschieden, und eine spätere Trauerfeier kam wegen der Coronamassnahmen nicht in Frage. Folglich haben seine Kinder Paul, Heidy und Max nun eine passende Form gefunden, Rellüm würdig zu verabschieden.Abschied und Finissage in einemDie Kinder laden zu einer letzten Ausstellung ihres Vaters ein – einer Finissage im doppelten Sinn. In dieser wird Rellüms Lebenswerk gezeigt. Neben rund 80 Bildern, die fast alle auch zum Verkauf stehen, sind Marionetten, Skizzentagebücher und Keramikgegenstände zu sehen, die der Künstler im Laufe seines Lebens geschaffen hatte. Die unterschiedlichen Werke zeigen auch Seiten und Stile, die weniger bekannt sind und veranschaulichen, wie vielfältig der Künstler mit Farben, Formen und Materialien experimentiert hatte. Er schuf Holz-, Linol- und Siebdrucke, Kohlezeichnungen und Bilder in Öl, Ei-Tempera, Aquarell oder Acryl.Die Ausstellung wird morgen Freitag, 22. Oktober, eröffnet. Von 19 bis 20 Uhr begrüssen seine Kinder die geladenen Gäste. Danach steht die Ausstellung allen Interessierten offen. Auch am Samstag, 23. Oktober, von 16 bis 20 Uhr, sowie am Sonntag, 24. Oktober, von 11 bis 16 Uhr, sind die Werke zu sehen und Gespräche mit den Angehörigen des Künstlers möglich.Paul Müller war einer, der seine Kunst nicht an die grosse Glocke hing. Vielmehr malte er meist für sich im Stillen, in seinem geräumigen Atelier an der Balgacher Mühlackerstrasse. Es gab Zeiten, da war sein Schaffensdrang so gross, dass er bis zu 150 Werke im Jahr malte. Viele seiner Bilder verschenkte er an Menschen, die er mochte, anstatt sie zu verkaufen. Er war diesbezüglich sehr grosszügig. Rellüm bildete sich regelmässig weiter, unter anderem an Sommerakademien in Salzburg sowie an Aktzeichenkursen der GSMBA, der Gesellschaft Schweizerischer Maler, Bildhauer und Architekten.Schönsten Schneemann der Klasse gemaltInteressant ist, dass der Künstler zwar Hunderte Bilder gemalt hatte, aber nur wenige von sich selbst. Fotos von ihm gibt es fast keine. Das stellte auch die Familie fest, als sie den Nachlass sichtete und die Finissage plante. Dafür gibt es viele Erinnerungen, Geschichten und Episoden, die er zum Teil selbst in seinen Steckbriefen oder Manuskripten festhielt. Eine geht so: «Ich wurde mit sieben Jahren von der Lehrerin, Fräulein Gugger, als Maler entdeckt. Ich habe den schönsten Schneemann gezeichnet, worauf dieser eine Woche lang im Klassenzimmer ausgestellt wurde. Es war das entscheidende Erlebnis.»Später wurde er tatsächlich Künstler und nannte sich Rellüm. Aus einem simplen Grund, wie er in einem mit Schreibmaschine getippten Lebenslauf festhielt: «Rellüm = Müller = Rellüm. Der perfekte Künstlername, denn das Umkehren von Namen, Gegenständen, Begebenheiten, von fast allem, um dahinterzukommen, um Qualitäten aber auch Negatives anders zu sehen, um aufzuzeigen, um hinzuweisen, um der Gegenwart den Spiegel vorzuhalten.»Genau das liebte der stille Schaffer und es faszinierte ihn in seinem Leben wie in seiner künstlerischen Arbeit, bei der ihm die Aussage seiner Werke stets das grösste Anliegen waren. Dass ihm das gelang, davon können sich die Besucherinnen und Besucher an der Finissage in der Galerie d’Oséra ein letztes Mal überzeugen.

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