18.07.2019

Abheben mit dem Fliegermuseum

Paul Ruppeiner ist der «Chefpilot» des Flieger- und Fahrzeugmuseums Altenrhein. Morgen wird es neu eröffnet.

Von Desirée Müller
aktualisiert am 03.11.2022
Der einteilige Fliegeranzug mit den akkurat aufgenähten Abzeichen, das rote Halstuch und eine grüne Baseballmütze – das sind Paul Ruppeiners Markenzeichen. Beschwingt läuft der 68-Jährige durch einen der Hangars direkt neben der Start- und Landebahn des Flughafens Altenrhein.In der hohen Halle reihen sich historische Flugzeuge aneinander. Vom Kampfjet bis zum Doppeldecker. Ruppeiner bleibt vor einem stehen: «Diesen Hawker Hunter habe ich vor dem Verschrotten gerettet», sagt er und tätschelt die «Nase» des Jets. Damals dachte er nicht im Traum daran, dass dieser Hunter der Grundstein für sein Fliegermuseum sein würde.Die Antwort des BundesratesAber von Anfang an: Ende 1994 flog der einstige Militärpilot bei einer grossen Flugshow mit. Teil des Programms war eine Formation mit 40 Hawker Hunter. «Es war grossartig, aber gleichzeitig zerbrach es mir das Herz. Denn die Kampfjets sollten abgeschafft werden. Ich wusste, dass es das letzte Mal ist, dass ich einen Hunter fliege.» Ruppeiner konnte nicht tatenlos zuschauen. So unternahm der leidenschaftliche Pilot alles, um wenigstens zwei der einstrahligen Kampfflugzeuge vor dem Schrottplatz zu bewahren. «Bis zum Bundesrat ging ich», sagt Ruppeiner.So stellte er den Antrag, zwei der Flieger behalten zu dürfen. Die Antwort war ernüchternd: «Es wurde mir gesagt, dass mir die Schweizer Armee nicht einfach zwei Flugzeuge geben könne. Solche Schenkungen dürften nur an Museen ausgesprochen werden.» Für Ruppeiner kein Grund aufzugeben. Drei Tage später war das Fliegermuseum Altenrhein gegründet und der neue Antrag im Namen des Museums, mit dem nur wenige Stunden zuvor kreierten Logo versehen, auf der Post Richtung Bern.Unter den letzten vierzehn AnwärternFür Paul Ruppeiner war bereits als Kind klar, dass er Pilot werden möchte. Obwohl er noch nie zuvor in einem Flugzeug sass, meldete sich der damals 17-Jährige zu den Vorkursen für Militärpiloten an. Wie auch Tausende andere Jugendliche mit dem selben Traum.In der Zeit der ersten Farbfernseher absolvierte Paul Ruppeiner parallel zu den Vorkursen die Lehre zum Radioelektriker und besuchte nach dem Abschluss direkt die Rekrutenschule. Er wurde zuvor zur zweijährigen Ausbildung zum Militär­piloten zugelassen und schloss diese erfolgreich als einer von nur noch vierzehn Anwärtern ab.Vor seinem ersten Flug sah er noch nie einen Flieger von innen. Nicht als Passagier, sondern als Pilot spürte Ruppeiner das erste Mal, wie sich fliegen anfühlt. «Es war grossartig. Ich war im Leben angekommen.» Gleich nach dem Abschluss bei der Luftwaffe meldete er sich bei der damaligen Swissair zur Aufnahmeprüfung an. «Es kam der Moment, da brauchte ich noch etwas anderes im Leben als das Militär.»Ganz aufgegeben hat er die Armeefliegerei aber nie. «Durchschnittlich zwei Monate im Jahr war ich als Milizmilitärpilot für die Schweizer Luftwaffe im Einsatz.» Während 35 Jahren als Linienpilot hat Ruppeiner schon so manche erzählenswerte Geschichte erlebt. «Zum Beispiel musste ich einen Streit zwischen einer Mannschaft Matrosen auf 15000 Fuss über Meer schlichten.» Auch betrunkene Gäste an Bord gab es immer wieder mal zu besänftigen.Als zwei Passagiere auf dem selben Flug fast gleichzeitig einen Herzinfarkt erlitten, musste Ruppeiner als Captain schnell reagieren. Er machte eine unplanmässige Zwischenlandung in Norwegen. «England wäre näher gewesen, aber in Norwegen sind die Spitäler besser.» Auch bei Blitzeinschlägen oder Triebwerkausfällen blieb er ruhig. Als Ausbilder der Captain-Anwärter hörte er auch gerne mal auf sein Bauchgefühl. «Wenn ich mir nicht sicher war, ob ein Co-Pilot das Zeug zum Captain hat, stellte ich mir immer dieselbe Frage: Hätte ich ein gutes Gefühl, wenn meine Frau an Bord ist und er am Steuer sitzt?»Interaktive Ausstellung mit Smartphone und App2009 verabschiedete sich Paul Ruppeiner vom Berufsleben nicht, um weniger zu arbeiten. Denn der Umbau des Museums war und ist ein 100-Prozentjob für den Pensionär. Für das Museum zog er sogar vor sechs Jahren von Richterswil nach Rorschacherberg. Seine, wie auch die ehrenamtliche Mitarbeit vieler, wird nun belohnt: Am 20. Juli, genau 50 Jahre nach Ruppeiners erstem Flug, eröffnet das Museum neu. Nun unter dem Namen «Flieger- und Fahrzeugmuseum Altenrhein» in Zusammenarbeit mit dem Rolls-Royce-Museum in Dornbirn. Eine Halle wurde extra dafür angebaut, in der sich eine Flotte von Oldtimern und Rennwagen zu den Fliegern gesellt.Die Museumsbesucher werden künftig dank einer App auf dem Smartphone oder portablen iPads durch die multimediale Ausstellung geführt. Tritt man vor Ruppeiners Hunter, fragt einen zum Beispiel das Gerät, ob man mehr über das Triebwerk erfahren wolle oder einen Film über die Geschichte des Fliegers sehen möchte. «Am besten gefällt mir, dass es ein lebendes Museum ist.» Denn Paul Ruppeiner und seine Crew steigen mit jedem Flugzeug mehrmals im Jahr in die Lüfte.MuseumseröffnungMorgen Samstag, 20., und am Sonntag, 21. Juli, findet die Neueröffnung des Flieger- und Fahrzeugmuseums in Altenrhein statt. Als Ehrengast wird der Schweizer Astronaut Claude Nicollier den Anlass beehren. Dazu finden Flugshows statt, und es kann auf dem Rollweg mit Oldtimern mitgefahren werden. Paul Ruppeiner gründete gemeinsam mit Ostschweizer Freunden 1994 das Museum. Seither leitet er es im Ehrenamt. Dazu bildet der einstige Militär- und Linienpilot unentgeltlich Flugshowpiloten aus.Das Eröffnungsprogramm findet sich unter: www.ffa-museum.ch

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