«Ab i d’ Hose»

Nach drei Jahren ist es nun wieder so weit. Dieses Wochenende steigen «die Bösen» in ihre Zwilchhosen und machen am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest im Sägemehl von Zug den König unter sich aus. Extrazüge bringen die 300000 Besucherinnen und Besucher an den Ort der Wettkampfaustragung und des Volksfestes. Und Zigtausende sitzen gespannt vor dem Fernseher, um mitzuverfolgen, wer im Sägemehl wen auf den Rücken legt. Wer gewinnt, muss dem Unterlegenen das Sägemehl vom Rücken putzen.Diese Geste der Fairness und des Respekts beeindruckt mich – genauso der Händedruck vor und nach dem Kampf. Es sind im Grunde kleine Zeichen, die im ganzen Spektakel eines solchen Zweikampfes nebensächlich erscheinen. Die Blicke der Zuschauer sind gebannt auf die Schulterblätter gerichtet. Berühren sie nun wirklich das Sägemehl oder kann sich der Schwinger nochmals aus seiner misslichen Lage befreien?Unsere Aufmerksamkeit liegt auf den grossen, scheinbar wichtigen Dingen. Daran wird gemessen, wer beim Schwingen gewinnt und wer verliert. Auch in unserem Alltag konzentrieren wir uns auf die grossen und wichtigen Dinge, auf die Momente, die wir für entscheidend und einschneidend halten. Manchmal jedoch sind es genau die kleinen Gesten am Rand, die entscheidend und einschneidend sind und einen Moment gross und wichtig werden lassen: ein freundlicher Blick, eine zuvorkommende Art, ein Gespür für das Gute, ein aufmunterndes Wort.Am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest will sich keiner freiwillig das Sägemehl vom Rücken wischen lassen. Denn wer verliert schon gerne? Allerdings soll diese Geste nicht zeigen, wer über wem steht, oder den Verlierer gar demütigen. Der Sieger wischt lediglich den «Schmutz», den er selbst am anderen verursacht hat, wieder weg. Eine kleine Geste mit Weitsicht.Ramona Casanova-BaumgartnerPastoralassistentin in Rebstein