31.03.2020

«60 % werden es nicht überleben»

Die Existenz vieler Rheintaler Gärtnereien und Blumengeschäfte ist wegen der Coronakrise gefährdet.

Von Susi Miara
aktualisiert am 03.11.2022
«Die Coronakrise hat uns wirklich im ungünstigsten Moment erwischt», sagt Markus Rohner von der Rohner Gartenbau AG in Rebstein. Mathias Keel, Geschäftsführer von Rosen Waibel in Mäder und Altstätten, bestätigt. Beide sind überzeugt: «Wenn die Krise noch bis im Mai andauern wird, werden 60 Prozent der Gärtnereien ausradiert sein.» Deshalb versucht jeder, aus dieser Situation das Beste zu machen.«Rund 50000 Franken investiert eine kleine Gärtnerei in Jungpflanzen», erklärt Markus Rohner. Diese Pflanzen seien bereits eingekauft worden, bevor der Bund die Schliessung der Geschäfte angeordnet hat. «Bei den Pflanzen handelt es sich um verderbliche Ware», sagt Rohner. Deshalb musste er schon einiges kompostieren. Auf Schnittblumen verzichtet er komplett. Da er einen gemischten Betrieb führt, ist er dankbar für die Aufträge im Gartenbau. Im Blumengeschäft hingegen hat er bereits Kurzarbeit angemeldet.Die Monate April und Mai könnten die Saison noch retten, denn 70 Prozent des Jahresumsatzes werden in diesen zwei Monaten erwirtschaftet. «Wenn das Frühlingsgeschäft ins Wasser fällt, wird es nicht einfach sein, das Jahr zu überleben», sagt Rohner. Seine Kunden können sich vorläufig noch vor dem Geschäft in der Selbstbedienung kontaktlos mit dem Nötigsten eindecken.Pick-up-Station vor dem PflanzencenterAuch die Bucher AG in Widnau hofft auf die nächsten zwei Monate. «Floristik für Ostern, Muttertag, Frühlingsblüher, alles wäre bereit – aber die Kunden dürfen nicht zu uns rein», sagt Heidi Giovanoli, die Leiterin des Pflanzencenters. Das Bundesamt für Gesundheit erlaubt aber die Abholung und den Lieferservice. Für die Abholung wurde vor dem Pflanzencenter eine Pick-up-Station eingerichtet. Die Kunden können die Pflanzen telefonisch oder per E-Mail bestellen und sie dann entweder selber abholen oder sich nach Hause liefern lassen. «Bezahlt wird per Rechnung», sagt Heidi Giovanoli. Somit kommt niemand mit Bargeld in Berührung. Dieses Angebot werde sehr gut genutzt. Gefragt sind Setzlinge, Kräuter, aber auch Frühlingsblüher.Viele lassen Freunden und Familienangehörigen Blumen nach Hause liefern. «Wir legen sie dann mit dem entsprechendem Kärtchen vor die Haustüre», erklärt Heidi Giovanoli. Bis Ende Woche möchte die Bucher AG ausserdem einen Onlineshop einrichten. «So können wir wenigsten einen Teil unseres Umsatzes retten», sagt Giovanoli, «denn es fällt nicht nur das Tagesgeschäft grösstenteils weg, auch viele bereits bestellte Blumenarrangements für Hochzeiten, Firmenfeiern und Jubiläen wurden storniert.Gemüse anstatt Rosen anbauenDie Gärtnerei Rosen Waibel musste ihr Blumengeschäft in Altstätten ebenfalls schliessen. Mit einer Sonderbewilligung darf die Gärtnerei aus Mäder ihre regionalen Produkte auch in der Schweiz verkaufen. Dekorationen zu Ostern, aber auch Sträusse, hergestellt aus eigenen Schnittblumen, werden auf Kundenwunsch kostenlos ausgeliefert oder können in Selbstbedienung abgeholt werden. «Bis jetzt haben wir nur zehn Prozent des letztjährigen Umsatzes erreicht, sagt Mathias Keel, denn «leider haben unsere Produkte ein Ablaufdatum.» Rosen Waibel sei zwar sehr gut ins Frühjahr gestartet, was bis jetzt verkauft wurde, sei aber nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Wenn der Verkauf im April und Mai ausfällt, werde es schwierig.Auch findet er die Lösung mit den Überbrückungskrediten, die den Unternehmen helfen sollen, während der Coronakrise liquid zu bleiben, nicht ideal. «Für den ersten Moment tönt es gut, aber der Kredit muss dann innerhalb von fünf Jahren zurückbezahlt werden, was für einen Gartenbaubetrieb schwierig sein könnte», sagt Keel. Eine Alternative wäre für ihn die Umstellung auf Gemüseanbau. «Das ist aber auch nicht so einfach», so Keel.Blumen und Pflanzen zur GrundversorgungDer Verband Jardin Suisse hat deshalb eine Petition lanciert. Er fordert den Bundesrat Guy Parmelin auf, die «Verordnung 2 Coronavirus» so anzupassen, dass die Blumen und Pflanzen auch zur Grundversorgung gehören. Im Begehren schreibt Jardin Suisse: «In den schwierigen Zeiten bringt ein Strauss ein Stück Freiheit und Natur in die Wohnung. Die Farbenpracht und der Duft der Blumen erhellen das Gemüt und Ängste können schwinden. Leute bleiben eher zu Hause, wenn sie sich in ihren Wänden wohlfühlen.»Schon 20000 Personen haben die Petition mittlerweile unterschrieben.

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