Im Zweiten Weltkrieg versuchten Tausende Flüchtlinge, über Vorarlberg die Schweiz zu erreichen. Aber bereits im Sommer 1938 riegelte die Schweiz die Grenzen ab. Für verfolgte Jüdinnen und Juden sowie politische Gegner und Gegnerinnen der Nazis gab es nur noch illegale Wege, um am Leben zu bleiben.Fluchthelferinnen und -helfer auf beiden Seiten der Grenze konnten manch ein Menschenleben retten. Aber die meisten Fluchten endeten tragisch.Ballung der Hörstationen am Alten RheinDer attraktivste Fluchtweg verlief über den Alten Rhein nach Diepoldsau. Hier mussten die Flüchtlinge dank des Rheindurchstichs im Jahr 1923 nicht den Rhein überqueren, um das nationalsozialistische Österreich zu verlassen. Mehr als die Hälfte der Hörstationen befinden sich auf beiden Seiten des Alten Rheins.Die symbolischen Grenzsteine stehen von Lochau im Norden («Der Kriegsgefangene Nikolaj Staletzky flieht in die falsche Richtung») bis zu Nr. 52 in Partenen («Griechische Zwangsarbeiter fliehen über die Pässe ins Prättigau»). Auf den Steinen ist ein QR-Code abgedruckt, der eingelesen werden kann. Die Geschichte zu jedem der 52 Schicksale ist über die Website des Projekts abrufbar. Die Geschichten gibt’s zum Hören und zum Lesen. «Über die Grenze» ist ein Projekt des Jüdischen Museums in Hohenems. Am Sonntag, 3. Juli, wird es offiziell eingeweiht. Von 15 bis 18.30 Uhr gibt es auf dem Schlossplatz in Hohenems Reden, Musik und eine Performance mit Jugendlichen der Offenen Jugendarbeit Hohenems. Redner sind Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds, Gabriel Heim, Enkel von Marie Winter, die 1942 am Alten Rhein bei Hohenems gefasst, deportiert und ermordet wurde. Die einzige Rednerin ist Simone Prodolliet, ehemalige Geschäftsführerin der Eidgenössischen Kommission für Migrationsfragen. Der wohl hochkarätigste Votant ist Stefan Keller von der Paul-Grüninger-Stiftung, der Autor des Buches «Grüningers Fall». Die Geschichte des Polizeikommandanten schildert den wohl bedeutendsten Fall der Fluchthilfe und beleuchtet auch den zweifelhaften Umgang der Schweiz mit den Flüchtlingen.Keller hat im Zuge seiner Recherche zum Fall Grüninger, den es auch als Film gibt («Akte Grüninger»), viele Fluchtgeschichten nachgezeichnet, die sich am Alten Rhein abspielten. Dem Einfluss des Flüchtlingsdramas auf die Grenzgemeinde Diepoldsau spürte auch Berta Thurnherr nach. Die Mundartautorin hatte während 40 Jahren zusammen mit ihrer Schwester Maria Schmid Geschichten von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen «eingefangen». Die 1946 geborene Diepoldsauerin kannte die meisten Protagonisten aus jener Zeit noch.Die Geschichten hat Berta Thurnherr niedergeschrieben, um an das Schicksal der Flüchtlinge zu erinnern. «Ein leider sehr aktuelles Thema», sagt sie mit Blick auf die Ukraine. Das nahe Flüchtlingsdrama habe auch die Diepoldsauerin-nen und Diepoldsauer sehr stark beeinflusst.Velofahrt mit Geschichten von Berta ThurnherrFür die Diepoldsauer Schlüsselgeschichte hält Thurnherr die vom Grenzwächter Jakob Spirig, der Jüdinnen und Juden auf der Flucht half, bis er aufflog.Seine Geschichte wird an der Hörstation Nr. 19 am Schmitter-Zoll auf Österreicher Seite erzählt – am gleichen Grenzstein wird auch das damalige Flüchtlingslager in Diepoldsau thematisiert.[caption_left:Der QR-Code auf dem «Grenzstein» am Schmitter-Zoll in Hohenems gibt die Geschichten von Fluchthelfer Jakob Spirig und des Flüchtlingslagers Diepoldsau preis. (Bild: Yves Solenthaler)]Berta Thurnherr wird am Sonntag auf einer Velotour zum Festplatz einige ihrer Fluchtgeschichten vorlesen. Gemeinsam mit Irma Graf (Präsidentin SP Rebstein-Marbach) fährt sie mit Gästen von Marbach über Heerbrugg nach Hohenems. Treffpunkt ist um 11.30 Uhr am Dorfplatz in Marbach, um 12 Uhr beim Bahnhof in Heerbrugg oder um 12.30 Uhr beim Coop-Parkplatz in Diepoldsau.Hinweis: www.ueber-die-grenze.at