Mohren, Schachen und Dorf – diese drei Weiler bilden die Gemeinde Reute, die sich am äussersten Rand des Kantons Appenzell Ausserrhoden befindet. Die Leute identifizieren sich innerhalb der Gemeinde stark mit ihrer Adresse. Man ist «Möhrler», «Schächler» oder «Dörfler». Gegenüber Auswärtigen hingegen heisst es: «Ich komme aus der Rüüti.» Es soll mehrere Jahre gedauert haben, bis aus den verschiedenen Höfen und Weilern eine Gemeinschaft hervorging, steht in der Festbroschüre. Im Jahr 1688, als die reformierte Kirche eingeweiht wurde, war es so weit. Erstmals läuteten die Glocken im Turm und die politischen Rechte wurden an die Kirchhöre, die Kirchgemeinde, übertragen. Diese Gemeinschaft zu feiern, stand am Wochenende im Zentrum des Fests. Zwar mit einem Jahr Verspätung, dafür umso ausgelassener.Unterhaltung mit Musik, Clown und BrauchtumLautstark und urchig eröffnete der Schellenclub Bergfründe am Samstagnachmittag das Festprogramm. Anschliessend unterhielten die Clowns Mili und Märi auf dem Festplatz beim Mehrzweckgebäude die Kinder mit Liedern und Schabernack. In der Kirche trafen sich kulturell Interessierte und hörten Melodien des Ensembles Tritonus, gespielt auf historischen Instrumenten. Arthur Sturzenegger schilderte in Lesungen, wie sich die Gemeinde entwickelte, mit Hunger zu kämpfen hatte und das Bildungswesen aufbaute. Eine Show, die kaum eine Familie im Dorf verpasste, war der Rap der Rüütiger Schulkinder. In Edelweisshemden traten sie auf die Bühne und führten mit ihren Lehrpersonen einen gereimten Text zu coolem Rhythmus auf. Auch der Trachtenchor Heiden wirkte mit und belebte das Fest mit Brauchtum. Der Tanz auf der Bühne ging am Abend weiter mit der Country-Rockband cloudsilver und DJane Julia Kubik. Am Sonntag wurde der Jubiläumsbaum eingeweiht, ein Festgottesdienst gefeiert und die Musikgesellschaft Reute spielte auf.Besuch aus Balgach kam zu Fuss Das Fest war ein Magnet für die ganze Dorfbevölkerung und für Gäste aus den Nachbargemeinden. So waren auch der Oberegger Bezirkshauptmann Hannes Bruderer vor Ort und die Balger Gemeindepräsidentin Silvia Troxler. Sie und ihr Gatte Hans-Ruedi Troxler nahmen den Besuch sportlich und wanderten von Balgach durch den Wald nach Reute hinauf. Für sie sei es selbstverständlich gewesen, die Einladung zum Fest anzunehmen, sagte Silvia Troxler.[caption_left: Silvia Troxler mit Gatte Hans-Ruedi (rechts) und Ernst Pletscher.]«Wir haben ein gutes Verhältnis zueinander, grenzen aneinander und sind in den Zweckverbänden Abwasser und Abfallentsorgung gemeinsam organisiert.» Obwohl Balgach und Reute verschiedenen Kantonen angehörten, finde man immer Lösungen, sagte Silvia Troxler.Die Gemeinde Reute zählt knapp 700 Einwohnende. Gemeindepräsident ist seit rund elf Jahren Ernst Pletscher. Sich zurückbesinnen auf die Vergangenheit und das Zusammensein pflegen, dies machte das Fest für ihn aus. «Der Wille der Menschen hält die Weiler zusammen», sagte er. «Durch Bekanntschaften, die gepflegt werden oder auch Engagements in Vereinen.» Die Gemeinde sei von der Infrastruktur her und finanziell gut aufgestellt, kämpfe allerdings mit der Zahl der Schulkinder, sagte Ernst Pletscher. Gleichzeitig sei der Bevölkerung eine eigene Schule sehr wichtig. «Wir vertragen ein Bevölkerungswachstum. Wir haben Entwicklungspotenzial.»[caption_left: Kleine und grosse Clowns lieferten Lacher beim Mehrzweckgebäude.]Eine bessere Werbung für die Gemeinde als den Jubiläumsanlass lässt sich kaum vorstellen. Die Stimmung war bestens, das Wetter machte mit, das Dorfbild bot eine einladende Kulisse. «Alle zeigen ihre Freude», sagte Karin Steffen, OK-Präsidentin und Gemeinderätin in Reute. Sie wohnt in Schachen. Was schätzt sie dort? «Die Aussicht ist fantastisch. Es ist sonnig und rundherum befinden sich Wiesen und Wälder.» Hier ist die Heimat der «Pöschelibender» – der Reisigwellenbinder –, so lautete früher der Vorderländer Neckname der Rüütiger.