01.10.2018

«110 Öchsle sind der Wahnsinn»

Am Buechberg misst man heuer beim Pinot noir ungewöhnlich hohe Zuckerwerte.

Von Rudolf Hirtl
aktualisiert am 03.11.2022
Hans Frei rammt das Stahlrohr in den Traubenhaufen, drückt einen Holzstössel durch das Rohr, um Saft aus den Trauben zu pressen und schüttet diesen in einen Behälter. Der Fachmann der amtlichen Weinlesekontrollstelle gibt nur einen Tropfen davon in den Refraktometer, um den Zuckergehalt der Pinot-noir-Trauben zu messen. «110 Öchsle, das ist wirklich ungewöhnlich hoch», sagt er und kontrolliert zwei weitere Behälter mit je 400 Kilo Trauben. Es bleibt dabei; auch hier: 110 Öchsle.Tom Kobel, Winzer bei der Ochsentorkel AG in Thal, hät­- ten auch 100 Öchsle gereicht, denn hohe Öchslegrade bedeuten nicht automatisch einen guten Wein. «Der Säuregehalt sinkt bei einem hohen Zuckergehalt. Ich bin mir aber sicher, dass wir bei der Vinifizierung im Keller einen grossartigen Wein produzieren werden.»Vergleichbare Jahrgänge sind bereits ausverkauftDass er mit dem hochwertigen Traubengut umzugehen weiss, hat er bereits mit dem Jahrgang 2003 bewiesen, bei dem die Öchsle-Werte wegen des heissen Sommers ebenfalls Rekordwerte erreichten. Viele Weine waren damals zu alkoholisch, zu üppig und zu unharmonisch. Dies, weil einige Winzer vom potenziellen Alkoholgehalt (110 Öchslegrade entsprechen 14 %) überfordert waren.Den Winzern am Buechberg gelang es aber mit der Steuerung der Maische, einem Gemisch aus Traubenschalen, Kernen und Fruchtfleisch, und anderen biologischen Massnahmen, gehaltvolle und aromatische Weine zu keltern. «Vergangenes Jahr waren wir schon mit 93 Öchsle glücklich. Über die 110 nun mag ich mich nicht beschweren», sagt Kobel mit einem Lachen. Er schätzt, dass die Ochsentorkel AG dieses Jahr 30000 Liter Wein produzieren wird.«110 Öchsle beim Pinot noir sind der Wahnsinn», sagt Roman Rutishauser. Eben erst vom «Gault-Millau» zum «Rookie of the Year 2019» gekürt. «Damit können wir etwas Gescheites machen», zeigt auch er sich überzeugt. Weinliebhaber könnten sich auf jeden Fall auf den 2018er-Jahrgang freuen. Dieser werde seine eigene, spezielle Nuance haben. So wie es auch in den vergleichbaren Jahren 2003 und 2015 der Fall gewesen sei.Rudolf Hirtl

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